Kategorie-Archiv: Ägypten

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Welcome to Egypt!?

15.10.2015
In Taba am Golf von Akaba stehe ich vormittags um 9.30 Uhr an der Israelisch-Ägyptischen Grenze. Achmed, ganz in Weiß uniformiert, und seine Freunde begrüßen mich herzlich: „Welcome to Egypt!“ „Alles easy“, denke ich so bei mir.

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Fürs Foto tut Achmed so als würde er ernsthaft arbeiten. Ansonsten sucht er im Gepäck der Touristen nach Dingen, die er gerne haben möchte. Meine Akkus hat er.

Die sind nett und wir verstehen uns gut. Als Achmed routinemäßig mein Gepäck kontrolliert und auf den Sack mit den Batterien und Akkus stößt, bekommt er glänzende Augen. „Welcome to Egypt!“, stöhnt er leise aber hörbar in meine Richtung. Er bietet mir ganz gastfreundlich Tee an. Den nehme ich an, weil ich die gute Stimmung beibehalten will. Kein Problem, „Welcome to Egypt!“. Seine Kollegen sammeln meinen Pass und meine Papiere ein und bringen sie in ein unweit entferntes Gebäude. Das Warten beginnt. Achmed nutzt die Zeit und fragt mich aus. Woher ich komme? Wohin ich will? Was ich beruflich mache? Ob ich Familie habe? usw. Die Tasche mit den Akkus lässt er offen stehen. Die anderen Gepäckstücke darf ich wieder aufs Motorrad packen. Die Stunden vergehen. Wo sind mein Pass und die Papiere? Es wird immer heißer. In regelmäßigen Abständen frage ich nach dem Stand der Dinge. Meine Frage  wird geduldig mit „No Problem, welcome to Egypt!“ beantwortet. Das Spiel geht so weiter, bis ich wirklich unruhig werde. Was geht hier vor? Ich will weiter und so entschließe ich mich, nach dem Vorgesetzten zu fragen. Achmed – „my friend“ – will mir helfen und tut jetzt so, als sei er auf meiner Seite… „Welcome to Egypt!“ Vorher fragt er aber noch, ob er die Akkus haben könne. Ich gebe sie ihm, als ‚Incentive‘, zur Motivation mir wirklich zu helfen.

Irgendwann am Nachmittag werde ich dann endlich in das Haus geführt, in dem meine Papiere sind. Ein fetter Beamter, er liegt mehr hinter seinem Schreibtisch, als er sitzt, schaut  in den Fernseher. Englisch spricht er nicht – oder er will es nicht sprechen. Irgendjemand übersetzt irgendwie: Die Kopien von meinem Pass, dem KFZ-Schein und dem Carnet de Passage fehlen. Auf meine höfliche Anfrage, wo ich kopieren könne, wird mit einem ignoranten Achselzucken reagiert. Ich irre durch die Hallen. Kein Kopierer weit und breit. Irgendjemand meint dann: „Drüben im Hilton-Hotel, die haben einen Kopierer.“ Inzwischen ist es wirklich unerträglich heiß und mir rinnt der Schweiß. Ich eile, ausgebremst durch Pass- und Sicherheitskontrollen, rüber zum Hilton-Hotel. Im Hilton ist man zum Glück überaus hilfsbereit und macht mir die Kopien sogar kostenlos. Ich, glücklich die Kopien zu haben, eile sofort zurück zum fetten Beamten. Dazwischen natürlich nochmal die Pass- und Sicherheitskontrollen. Der Beamte ist gerade beim Essen. Was sonst. Also weiter warten. Vom „Ganz in Weiß- Achmed“, ist auch weit und breit nichts mehr zu sehen. Um 15.00 Uhr bekomme ich dann irgendwie von irgendwem meine Papiere zurück und das ersehnte ägyptische Nummernschild.

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Ich habe keine Ahnung wieviel von den Gebühren, die ich insgesamt zahlen musste Bakschisch waren. Jedenfalls haben die Herrschaften mir nicht den Eindruck vermittelt, dass ich trotz ‚Welcome to Egypt‘ willkommen bin in ihrem Land. Nach der Grenze fahre ich genau 100 m weit…und werde von einem Mann in Zivil in offizieller Mission angehalten: „Welcome to Egypt!“…der Zöllner will nochmal 150 Ägyptische Pfund von mir. Ihr könnt mich mal, denke ich in mich hinein, zahle brav und gebe endlich Gas, mit einigen Pfund und Akkus weniger im Gepäck. „Welcome to Egypt!“

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So sieht ein korrupter Grenzbeamter in Ägypten aus. Meine Sonnenbrille hat er nicht behalten, sonst wäre aus meiner Tour ein Blindflug geworden.

Bevor es dunkel ist komme ich noch bis Sharm el Sheikh ganz im Süden von Sinai. Die Straße 35 entlang des Golf von Akaba und immer wieder hinein in die Berge, ist eine Streicheleinheit für die an der Grenze geschundene Seele. Der Perspektivwechsel von blauem Wasser zu braungrauem Stein hat seinen besonderen Reiz. Der Reflex nach jeder Kurve die Kamera für ein Foto zu zücken, ist nur schwer zu unterdrücken. Einmal sehe ich Delfinrücken nahe an der Küste durch das stahlblaue Wasser schwimmen. Im Land stößt man auf den kompletten Kontrast zu dieser Kulisse: man sieht nur schroffe Hügel. Das Land ist Wüste, der Boden unfruchtbar. Tiere sind  überhaupt keine zu sehen. Nicht mal streunende Hunde. Dieser Gegensatz macht die Fahrt entlang des Golfs von Akaba so faszinierend. Jenseits des Golfs liegt Jordanien. Dazwischen sind einige Containerschiffe unterwegs. Ich genieße jeden einzelnen Kilometer auf meinem Moped.

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Ich muss dabei mehrere Check Points passieren, was ich aber als Sicherheitsmaßnahme empfinde. Was wurde ich vor meiner Abfahrt nicht vor den Gefahren auf Sinai gewarnt: Krieg, ISIS, Kidnapping, Raub und Mord – und da willst Du alleine durch? Muss ich wohl, was bleibt mir andres übrig, wenn ich in dieser Zeit mit einem Fahrzeug von Europa nach Afrika will. Die sicherste Route ist dann der Umweg runter nach Sharm el Sheik und wieder hoch nach Suez. Damit hat man das Kriegsgebiet im Norden weiträumig umfahren und die erhöhten Lebensrisiken im Landesinneren umschifft. Den Sicherheitshinweisen des Auswärtigen Amtes folgend, habe ich auch auf einen Besuch des Katharinenkloster am Berg Sinai verzichtet. An der entsprechenden Abzweigung zum Kloster von der 35 auf die 36 nach Westen, habe ich den Polizisten am Checkpoint gefragt, ob die Strecke zum Mosesberg „safe“ wäre. „Very safe“ hat er dann gelassen geantwortet und mich für einen kurzen Moment in Versuchung gebracht. Meinem No-Risk-Prinzip folgend bin ich dann doch auf dem vermeintlich sichereren Weg in den Süden geblieben. Heute bereue ich das. Es wäre nicht nur ein touristisches Highlight geworden, sondern auch eine deutliche Abkürzung gewesen.

Am 26. Dezember posted Jeff Davis auf Horizons Unlimited:  „Please, please, please don’t come to Egypt with a motorcycle and have any hope of crossing Sinai at all. We’ve chatted to ministers, we’ve chatted to Generals we’ve tried less official tactics. I can’t see a way through. With a 4×4 you will get a permit but not a motorcycle.“ Da habe ich nochmal Glück gehabt.

Sharm el Sheikh war dann nur Transitstation mit einigen Shandies gegen den Durst und eine Dosis Mückenspray gegen die Mosquitos vorm Schlafengehen.

16.10.2015
Am nächsten Morgen bin ich dann ganz früh los. In Sharm el Sheikh noch schnell getankt und gefrühstückt. Eine Gruppe junger Männer waren nicht davon abzubringen mir das Frühstück zu bezahlen. Eine kleine Belohnung für die Fahrt von Deutschland hierher. Diesmal fühlte ich mich das erste Mal wirklich „Welcome in Egypt“! Vor nicht allzu langer Zeit gab es eine Fähre von Sharm el Sheikh rüber nach Hurghada. Zwei Stunden hat damals die Fahrt über den Golf von Suez gedauert. Ich jedoch sollte an diesem Tag Hurghada erst nach 11 Stunden erreichen. Der Wendepunkt der insgesamt 760 km langen Strecke von Nord nach Süd ist Suez. Die Stadt, die weltweit für ihren Kanal bekannt ist, war mein erstes Zwischenziel. Ich wusste aus dem Internet, dass der Tunnel aus Sicherheitsgründen für Motorradfahrer gesperrt ist. Eine Überquerung des Kanals ist nur ganz umständlich und wenn überhaupt, weiter im Norden möglich. Auf der Straße 34 hoch nach Suez hatte ich kaum Muße mir über das Problem groß Gedanken zu machen. Der Verkehr, die Trucks mit ihrer ungesicherten Ladung, die tiefen Spurrillen und die Hitze brauchten meine ungeteilte Aufmerksamkeit. Der Straßenrand ist gesäumt von toten Kamelen, Eseln und anderem Getier in allen Aggregatzuständen der Verwesung. Die 34 ist eine Road of Bones.

Mind the Camels

Die Gegend ist karg und flach. Es gibt auf dieser Seite einige Industriegebiete, die wohl Rohstoffe fördern und verarbeiten. Es ist heiß und ich überlege, ob bei der Namensfindung der „Straße 34“ die Temperatur Pate stand. An der Tankstelle kurz vor Suez spricht mich ein Ägypter an, der zufällig Präsident des regionalen Motorradclubs ist. Er gibt mir die entscheidenden Tipps für den Suezkanal. Erstens beschreibt er mir einen Schleichweg und zweitens gibt er mir den Tipp den Sicherheitsbeamten darum zu bitten, einen Pickup anzuhalten und mein Motorrad ‚Huckepack‘ durch den Kanal zu transportieren. Beides waren wertvolle Insider-Ratschläge, die mir viel Zeit und Nerven ersparten.

little help from my friend

Es hat genau drei Minuten gedauert, bis mein Freund der Polizist Machmut, einen Pick up angehalten hat und wir das Motorrad aufgeladen hatten.

Dem Fahrer des Pickups habe ich 50 Pfund gegeben, womit er super zufrieden war. Dem Sicherheitsbeamten und seinen Kollegen habe ich eine willkommene Abwechslung geboten. Jetzt weiß ich übrigens auch, dass es fünf starke Männer braucht, um mein Moped aufzuladen. Dass die Sicherheitsmaßnahmen für den Tunnel hoch sind kann ich nachvollziehen. Wenn der Suez-Kanal gesprengt werden würde, stünde die Weltwirtschaft still. Warum jedoch das Huckepack-Fahren erlaubt ist, erschließt sich mir nicht. Aber man muss hier in Ägypten auch nicht alles verstehen. Jedenfalls war ich endlich auf der anderen Seite und konnte meine Tour nach Hurghada fortsetzen. Dem „Welcome to Egypt!“ kann ich jetzt halbherzig ein „Welcome to Africa!“ hinzufügen. Das Niltal – von Kairo in den Süden – soll für „Lonesome Riders“ like me, wegen Überfällen gefährlich sein. Das war der Grund warum ich den risikoärmeren Weg entlang der Touristenküste genommen habe. Die Fahrt von Suez nach Hurghada gleicht einer Reise durch den Neckermann-Reise-Prospekt. Ein Resort am Anderen. Manche Bettenburgen für „Pauschis“ sind noch nicht fertig (vielleicht werden sie es auch nie).

Bettenburg für die Pauschis

Die Straße 24 führt hinter den Resorts entlang … da, wo kaum ein Pauschaltourist hinkommt, bzw. hinschaut. Linke Straßenseite Luxus und rechte Straßenseite Armut und Müll. Was vorne mit verklärtem Blick auf das Rote Meer konsumiert wird, wird hinten einfach entsorgt. Liebe Pauschaltouristen, bitte seid euch bewusst was ihr da anstellt! Die einheimische Wirtschaft profitiert nur wenig von dem Pauschaltourismus in den Ferien-Festungen. Jeder Cent bleibt im Resort. Warum soll ich als Tourist auch „auswärts“ essen gehen, wenn ich alles „all inklusive“ am Buffet haben kann. Entwicklungshilfe könnte hier ganz praktisch anfangen. Auf diesem Streckenabschnitt habe ich ein ernsthaftes Thema unterm Helm. Abends in Hurghada beim Bier und einer Shisha (Melone), diskutiere ich das ausführlich mit René, einem netten Deutschen, der seit Jahren in Hurghada lebt und arbeitet. Wie ich später über Facebook erfahren werde, hat er kurz nach meiner Abreise geheiratet. Lieber René, Dir und Deiner Frau weiterhin viel Glück und Erfolg in Deiner Wahlheimat.

17.10.2015
Ich stehe früh auf. Luxor am Nil ist mein heutiges Etappenziel. Dazu muss ich auf der 24 weiter nach Safaga und dann Richtung Osten auf der 28 nach Qena. Eine wunderbare Strecke durch die wüste Wadi-Landschaft (als Wadi bezeichnet man ein nur episodisch wasserführendes Flussbett in Wüstengebieten). Die teilweise neu und super ausgebaute Straße mit langen weiten Kurven machen dem Moped und mir enorm Spaß. Heute ist der Hochzeitstag von meiner Frau und mir. Ich hätte ihr gerne dieses unvergessliche Erlebnis geschenkt. Leider fährt sie kein Motorrad und schon gar nicht hinten drauf. So muss ich diese Traumtour alleine genießen und kann das Erlebnis mit niemandem teilen.

Am späten Vormittag sehe ich dann in Qena das erste Mal auf dieser Tour den Nil. Der mächtige Fluss wird mich jetzt eine Zeit lang begleiten. Ich werde in Gegenstromrichtung bis an seine beiden Quellen, fahren.

Pano-Nil

Der Nil ist mit rund 6.800 km Länge der längste Fluss der Erde. Bis hierher nach Quena hat er, insbesondere seine beiden Arme Blauer und Weißer Nil, bereits mehr als 5.000 km hinter sich gebracht. Er ist die Lebensader, die einer lebensfeindliche Landschaft das Wasser spendet. Für mich ist es ein besonderer Moment ihm hier von Osten her zum ersten Mal zu begegnen. Ich werde auf der weiteren Tour noch Gänsehaut haben, wenn ich ihn in Assuan über die Staumauer überquere, wenn ich in Karthoum/Sudan an dem Zusammenfluss vom Blauen und Weißen Nil stehen werde und wenn ich in Jinja/Uganda an seiner Quelle sein werde. Vor allem bei der Hitze ist die Versuchung groß im Nilwasser zu baden. Das Risiko die sogenannte Bilharziose, eine Wurmkrankheit, einzufangen ist groß. Die von Schnecken freigesetzten Larven dringen bei Kontakt in kontaminiertem Wasser durch die Haut ein und wandern über Lymph- und Blutgefäße in die Leber, von wo sie sich im ganzen Körper verbreiten. Fast alle Binnengewässer in Afrika sind davon befallen. Mich erstaunt, dass vor dem lebensgefährlichen Hintergrund viele einheimische Kinder im Nil baden. Eine Erfrischung würde guttun, als ich mich bei brütender Hitze und gegen den total chaotischen Verkehr nun bis Luxor durchkämpfen muss. Höchsttemperatur laut Anzeige 45 Grad. Selbst der Fahrtwind wird hier nicht zur Abkühlung. Zum ersten Mal auf meiner Reise wird die Geschwindigkeit in den Dörfern durch Humps (Lying Policeman) reguliert. Mein Rücken und die Stoßdämpfer werden sich an die holperigen Dinger gewöhnen müssen, weil ganz Afrika damit gepflastert ist. Was mir auf dieser Strecke auffällt ist die Armut der Menschen. Nahe am Ostufer des Nils hausen die Menschen in Wellblechhütten. Sie schauen mich an, als käme ich vom Mond. Ich habe kein gutes Gefühl als ich am Ende der Etappe ins Hilton in Luxor einfalle.

Hilton-Luxor

Ein Super-Super-Sonderangebot lockt mich zu einem Abstecher in den Luxus. Das Angebot, die beiden Tempel Karnak und Luxor zu besichtigen, befreit mich jedoch aus dieser Honigfalle. Das Glück scheint mich an diesem Spätnachmittag zu verfolgen. Ich bin ziemlich alleine in der Säulenhalle des Karnak-Tempels. Es ist ein mystischer Ort, einfach überwältigend. Im Rausch des Augenblicks rufe ich meine Frau an und gratuliere ihr zum Hochzeitstag. Gerne lasse ich mich dann von den Wächtern für 50 Pfund hinters Licht führen, als sie mir kurz vor Toresschluss eine geheime Führung hinter die Absperrung anbieten. Jedenfalls bekomme ich so Fotos, die nicht jeder Tourist an diesem Tag machen konnte. Der Karnak-Tempel ist ein wunderschöner ‚Place to be‘!

Karnak-Tempel Pano Säulenhalle 1

Am Abend, es ist schon fast dunkel, fahre ich mit dem Motorrad, jedoch ohne große Montur, zum Luxortempel. Der Eingang liegt an einem weitläufigen zentralen Platz mit einer großen Moschee. Der Muezzin brüllt regelrecht sein „Allahu Akbar“ durch die Lautsprecher. Bei immer noch über 30 Grad im Dämmerlicht fühle ich mich irgendwie bedroht. Ich kann mir nicht erklären woran das liegt. Sind es die vielen Straßenhändler, die an mir und meinem Geldbeutel zerren, die Eindrücke des Tages, die Armut in den Dörfern im Niltal oder der Lärm? Wahrscheinlich ist es die Mixtur, die mir in diesem Moment etwas Angst macht, obwohl überhaupt nichts passiert.

Mir der Bedeutung sehr wohl bewusst, schreite ich durch die Sphingenallee. Der Tempel ist sehr schön beleuchtet.

Luxor-Tempel Eingangsbereich

Ein Besuch am Abend lohnt sich also. So geht in einem Unesco Weltkulturerbe ein wunderbarer Tag – unser Hochzeitstag – zu Ende. Mit Michael, dem General Manager des Hotels, der ein vielgereister Deutscher ist, lasse ich den Abend im Luxusquartier mit vielen Bieren ausklingen. Wir reden über Gott und die Welt, über die Probleme, die das Hotel- und Gastrogewerbe aktuell in Ägypten hat. Es ist mehr die Unberechenbarkeit der Politik, als die Gefahr von Terroranschlägen, die die Touristen abhält hierher zu kommen. Mich hat das nicht gestört und ich bin froh und zufrieden hier zu sein.

18.10.2015
Michael gibt mir auch eine Empfehlung für ein gutes und günstiges Hotel in Assuan, meinem nächsten Etappenziel. Bevor ich Assuan ansteuere, überquere ich in der Frühe noch den Nil, um mir die Kolosse von Memnon und den Tempel der Hatschepsut anzuschauen.

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Die mächtige Pharaonin Hatschepsut hat mich bereits in meiner Jugend auf Bildern beeindruckt. Ein Besuch war daher Pflicht. Danach brauche ich viereinhalb Stunden bis Assuan. Bei 44 Grad ist es eine Fahrt durch den Ofen. Heute jährt sich der erste Todestag von meinem Sohn. Die Tränen unterm Helm sorgen für eine willkommene Kühlung. In Assuan halte ich mich nicht zu lange auf, ich finde das empfohlene Hotel Busma und checke ein. Es liegt ganz in der Nähe des unvollendeten Obelisken, den ich mir am nächsten Tag anschaue. Hier ist auch der Treffpunkt für den Konvoi, der mich unter Polizeischutz nach Abu Simbel bringt. Es ist noch nicht lange her, da musste man in Assuan auf eine klapprige Fähre steigen, um nach Wadi Halfer in den Sudan einreisen zu können. Die Straße von Abu Simbel ist jetzt problemlos zu befahren, jedoch die Strecke von Assuan nach Abu Simbel geht nur im Konvoi. Es war ein erhebendes Gefühl auf dem Motorrad über den Nasser-Staudamm zu fahren. Unterwegs, in der libyschen Wüste, sehe ich Fata Morganas, die mir einen See und Wasser vortäuschen. Man hört ja immer wieder davon, aber dies selber zu erleben, ist schon ein komisches Gefühl. Im Konvoi komme abends wohl behütet in Abu Simbel an. Die Polizei hilft mir sogar ein gutes und nicht zu teures Hotel zu finden. Ich checke für eine Nacht ein. Es sollte unfreiwillig eine zweite Nacht folgen. Ich lasse den Tag mit einem Besuch des nächsten Weltkulturerbes ausklingen.

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Die Tempel Ramses II und der kleinere Hathor-Tempel, den Ramses für seine Gemahlin Nefertari bauen ließ, haben diesen Ort weltweit berühmt gemacht. Nefertari heißt auch mein Hotel in Abu Simbel. Wieder sind nur ganz wenige Touristen hier. Was für eine Kulisse. Nach so einem Tag schmeckt der Fisch, frisch aus dem Stausee, besonders gut.

19.10.2015
Um 8.00 Uhr geht es auf die Fähre, die uns in einer Stunde über den Stausee bringt. Von dort sind es 35 km Wüste bis zur Grenzstation – wo das Drama beginnt. Teil 1: Kennt Ihr das Gefühl übersehen zu werden? Ich werde von den Grenzern so gut wie nicht wahrgenommen. Man schickt mich von Pontius zu Pilatus oder in diesem Fall von Mohammed zu Machmud. Keiner spricht so richtig Englisch, keiner will mit mir was zu tun haben. Es lässt mich aber auch keiner durch. Das geht den ganzen Tag so. Bis es mir zu bunt wird und ich laut werde. Das kommt gar nicht gut an. Ich werde zum Kommandanten geführt und bestehe darauf mit ihm alleine zu sprechen. Er ist ein junger smarter Typ, spricht sehr gut Englisch und ist mir gegenüber aufgeschlossen. Er eröffnet mir, dass in meinen Unterlagen ein Papier fehle, welches ich in Assuan hätte bekommen müssen. Ohne dieses Papier kann er mich nicht raus lassen. Jetzt sei es aber schon spät. Er empfiehlt freundlich aber deutlich, wieder nach Abu Simbel zu fahren und am nächsten Morgen, möglichst früh, wiederzukommen. Wahrscheinlich könne man dann eine Lösung finden. Ich beuge mich und fahre frustriert wieder über Straße und Stausee in mein Hotel zurück. Hakuna Matata! Lieber Gott, gib mir Geduld – aber sofort! Heute habe ich meine Lektion gelernt.

Abu Simbel Ein Tag zu früh

Zweimal im Jahr, um den 21. Oktober und den 21. Februar herum, findet im Ramses-Tempel das sogenannte „Sonnenwunder“ statt. Der Tempel ist so ausgerichtet, dass an diesen Tagen die aufgehende Sonne genau in das Heiligtum des Tempels scheint und drei der vier Figuren (zwei Götter plus dem vergöttlichten Ramses) ins Licht setzt. Ich war ein Tag zu früh da, wie man sieht.

 

20.10.2015
Der zweite Versuch meines persönlichen Exodus aus der ägyptischen Grenzstation hat spät – aber immerhin – geklappt. Noch in der Nacht zuvor wurde im Hintergrund in den Netzwerken um einen gewissen Mr. K. an dem ‚Missing-Paper‘ gearbeitet. Er rief mich über den Rezeptionisten meines Hotels Nefertari, das ich mir spontan in Abu Simbel gesucht hatte, um 1 Uhr in der Nacht an und meinte, er mache das für mich. In der Frühe, auf der Fähre, sprach mich ein Junior-Kollege vom Meister an, um den Preis klar zu machen. Der Pate wusste offensichtlich immer ganz genau wo ich war. An der Grenze angekommen wurde ich ins Chefbüro gebeten. Jetzt sollte ich warten bis ein Fax kommt, von Mr. K., dem freiberuflichen Grenzberater (sic!). Plötzlich: „Systems are down!“. Das kenne ich aus Haifa, dort hatte es mich zwar vier Stunden Zeit, aber kein Bakschisch gekostet. Hier wurde ich nun von den Burschen sowas von gerippt, das war nicht mehr feierlich. Mit fünf Mann stehen sie um einen alten Kopierer und jeder drückt auf irgendeinen Knopf, es kommt aber keine Kopie raus. Nach einer Stunde halte ich es nicht mehr aus und frage, ob es noch ein anderes Kopiergerät im Gelände gibt. Ja, nebenan, heißt es. ‚Nebenan‘ hat es dann an einem nagelneuen Kopierer drei Sekunden gedauert, bis die Kopie gemacht war. „Welcome 2015 Egypt!“ Insgesamt ging die Tortur wieder von 9.00 morgens bis nachmittags um 16.00 Uhr. Bis es dann endlich hieß „finish“. Das ominöse Paper habe ich nicht zu Gesicht bekommen – dafür war ich aber 200 Pfund los. Diese korrupten Typen verkaufen für lausiges Geld das gute Image ihres Landes. Im Land selber sind mir überwiegend freundliche und hilfsbereite Menschen begegnet. Aber an der Grenze waren es dumme, faule und korrupte Halsabschneider. Wenn sie „Welcome to Egypt“ sagen und dabei lächeln, meinen sie „super, jetzt kommt wieder so ein naiver Tourist, dem wir das Geld aus der Tasche ziehen können“. Der Grenzer im Sudan meinte, ich sei noch günstig weg gekommen.

Nützliche Hinweise und eine genaue Lagebeschreibung des Grenzübergangs Ägypten/Sudan gibt es auf dem Blog von Marting&Nicole „My Overland Adventure“.

 

Fotogalerie

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MainPost: Würzburg-Südafrika: Heißer Ritt durch die Wüste

Bei über 40 Grad mit dem Motorrad durch die Wüste: Dieter Schneider hat sich wahrhaft einen heißen Ritt vorgenommen. Ein Viertel Jahr hat sich der Würzburger Werbefachmann und Manager Zeit gegeben, um das Kap der guten Hoffnung an der Südspitze des afrikanischen Kontinents zu erreichen. Die Fahrt ist, wie berichtet, nicht nur ein großes Abenteuer, sondern dient auch einem guten Zweck: Behinderten Menschen in Afrika zu helfen.

Vor einer Woche ist Dieter Schneider auf seinem geländegängigen Motorrad an seinem Haus in Rottenbauer aufgebrochen. Über Österreich und den Balkan hat ihn der Weg nach Griechenland geführt. Von da ging es mit der Fähre über Zypern nach Haifa in Israel. Dort hat er erst einmal neue Reifen für den Ritt durch die Wildnis aufgezogen. Erste große Herausforderung war die Durchquerung der zentralen Negev-Wüste auf dem Weg von Tel Aviv nach Eilat. Auch Temperaturen von über 40 Grad, und das in voller Biker-Montur, haben ihn nicht aus dem Sattel geholt.

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Quelle: Main Post, Herbert Kriener